Wie Ärzte Cannabis in der Schweiz verschreiben
Seit dem 1. August 2022 dürfen Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz medizinisches Cannabis ohne Sonderbewilligung verschreiben. Damit hat sich der Zugang für Patientinnen und Patienten deutlich vereinfacht, gleichzeitig gelten klare medizinische und rechtliche Regeln.Dieser Leitfaden erklärt, wie Ärztinnen und Ärzte Cannabis in der Schweiz verschreiben, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wie der Prozess abläuft und welche Pflichten für Ärzte und Patienten bestehen.
Ärztliche Abklärung – wann Cannabis verschrieben werden kann
Bevor Cannabis verschrieben werden darf, findet immer eine gründliche medizinische Untersuchung statt. Die Ärztin oder der Arzt prüft, welche Beschwerden bestehen, welche Therapien bereits versucht wurden und ob diese ausreichend wirksam waren.
Medizinisches Cannabis kommt nur dann infrage, wenn andere Behandlungen keine ausreichende Wirkung zeigen oder starke Nebenwirkungen verursachen.
Typische Einsatzbereiche, bei denen Cannabis ärztlich in Betracht gezogen werden kann, sind etwa:
- Chronische Schmerzen
- Muskelspastik, z. B. bei Multipler Sklerose
- Übelkeit und Appetitverlust im Rahmen einer Chemotherapie
Wichtig: Nicht alle Patientinnen und Patienten sind für eine solche Therapie geeignet. Cannabis ist kein Mittel der ersten Wahl, sondern eine mögliche Ergänzung oder letzte Option, wenn konventionelle Therapien nicht greifen.
Wer darf Cannabis verschreiben?
In der Schweiz dürfen alle zugelassenen Ärztinnen und Ärzte Cannabis verschreiben, sofern sie im offiziellen Medizinalberuferegister (MedReg) eingetragen sind. Eine zusätzliche BAG-Sonderbewilligung ist seit der Gesetzesänderung 2022 nicht mehr erforderlich.
Ärztinnen und Ärzte unterliegen jedoch einer Sorgfaltspflicht. Sie müssen Nutzen und Risiken individuell abwägen, Missbrauch verhindern und die Behandlung dokumentieren.
Besondere Vorsicht gilt bei Jugendlichen, Schwangeren oder Personen mit Suchtvergangenheit – hier ist eine Verschreibung meist ausgeschlossen oder nur unter engen Bedingungen möglich.
Der Ablauf einer Cannabis-Verschreibung
Der Verschreibungsprozess folgt in mehreren Schritten:
a) Ärztliche Konsultation
Zunächst erfolgt ein ausführliches Gespräch über Krankengeschichte, aktuelle Symptome, bisherige Therapien und Erwartungen.
Die Ärztin oder der Arzt informiert über mögliche Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten.
b) Entscheidung und Behandlungsplan
Wenn nach ärztlicher Einschätzung eine Therapie mit Cannabis sinnvoll erscheint, wird gemeinsam ein individueller Behandlungsplan erstellt – mit Startdosierung, Überwachung und Zieldefinition.
Zu Beginn erfolgt meist ein vorsichtiger Dosisaufbau, um Verträglichkeit und Wirksamkeit zu prüfen.
c) Rezeptausstellung
THC-haltiges Cannabis (über 1 %) darf nur auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Dieses spezielle Formular ist fälschungssicher und wird streng kontrolliert.
Das Rezept enthält Angaben zum Patienten, Produktnamen (z. B. Cannabisblüten, Tropfen, Extrakt), Wirkstoffgehalt, Dosierung und Dauer der Behandlung.
d) Dokumentation und BAG-Meldung
Jede ärztliche Verschreibung muss anonymisiert im BAG-Meldesystem (MeCanna) erfasst werden.
Diese Meldungen dienen der Begleitforschung, um Erfahrungen zur Wirksamkeit und Sicherheit medizinischer Cannabistherapien in der Schweiz zu sammeln.
e) Abgabe über die Apotheke
Die Abgabe erfolgt ausschließlich über zugelassene Apotheken.
Nicht alle Apotheken führen Cannabisprodukte vorrätig, daher wird häufig eine Bestellung oder magistrale Herstellung veranlasst.
Die Apotheke darf nicht über Dosierungen beraten – das bleibt Aufgabe des Arztes.
Welche Cannabisprodukte Ärzte verschreiben dürfen
In der Schweiz stehen verschiedene Darreichungsformen zur Verfügung, die sich in Wirkung, Anwendung und Dauer unterscheiden:
- Cannabisblüten (zur Inhalation über Vaporisator)
→ schneller Wirkungseintritt, eher kurzfristige Wirkung - Öle und Tropfen (orale Anwendung)
→ präzise Dosierung, längere Wirkdauer - Kapseln
→ gleichmäßige Freisetzung über mehrere Stunden - Fertigarzneimittel (z. B. Sativex®, Epidyolex®)
→ zugelassene Produkte mit standardisierter Zusammensetzung
Die Wahl des Produkts hängt von den Symptomen, der medizinischen Vorgeschichte und den Therapiezielen ab.
Der Arzt entscheidet individuell, ob ein THC-dominantes, CBD-dominantes oder kombiniertes Präparat sinnvoll ist.
Gesetzliche Grundlagen und Aufsicht
Die Verschreibung und Abgabe medizinischen Cannabis sind in mehreren Schweizer Gesetzen geregelt:
- Betäubungsmittelgesetz (BetmG):
Regelt Cannabis mit > 1 % THC als Betäubungsmittel. Ärztinnen und Ärzte dürfen es nur auf Spezialrezept verschreiben. - Heilmittelgesetz (HMG):
Legt Qualitäts-, Sicherheits- und Werbevorschriften für Arzneimittel fest.
Werbung für rezeptpflichtige Produkte ist gegenüber der Öffentlichkeit verboten (Art. 31 HMG, Art. 14 AWV). - Swissmedic:
Überwacht den Anbau, die Herstellung und den Handel medizinischer Cannabisprodukte. Nur Betriebe mit Swissmedic-Lizenz dürfen solche Präparate produzieren oder importieren. - Kantonale Aufsicht:
Die Kantone kontrollieren Arztpraxen und Apotheken hinsichtlich Dokumentation, Lagerung und Abgabe von Betäubungsmitteln.
Damit ist sichergestellt, dass alle Schritte, von der Verschreibung bis zur Abgabe, unter staatlicher Kontrolle stehen und Missbrauch verhindert wird.
Kostenübernahme durch die Krankenkasse (KoGu)
Cannabisarzneimittel sind in der Schweiz nicht automatisch kassenpflichtig.
Die Grundversicherung übernimmt die Kosten nur in Einzelfällen, wenn eine sogenannte Kostengutsprache (KoGu) bewilligt wird.
Damit eine KoGu Aussicht auf Erfolg hat, muss der Arzt ein Gesuch mit folgenden Angaben einreichen:
- Beschreibung der Erkrankung und bisherigen Therapien
- Begründung, warum andere Medikamente nicht ausreichend wirken
- Dokumentation und wissenschaftliche Belege zur Therapie
- Geplanter Therapieverlauf und Dosis
Die Krankenkasse entscheidet individuell, ob sie die Kosten übernimmt. In der Praxis wird nur ein Teil der Anträge bewilligt – häufig bei schwerwiegenden, chronischen Erkrankungen.
Ohne Kostengutsprache müssen Patientinnen und Patienten die Kosten selbst tragen, die je nach Produkt mehrere Hundert Franken pro Monat betragen können.
Nachkontrolle und ärztliche Begleitung
Eine Cannabistherapie erfordert regelmäßige ärztliche Kontrollen.
Der Arzt beurteilt Wirkung, Nebenwirkungen und mögliche Anpassungen. Nach spätestens zwölf Monaten muss die Therapie im BAG-System erneut gemeldet oder, falls beendet, dokumentiert werden.
Diese begleitende Kontrolle dient der Sicherheit der Patienten und dem verantwortungsvollen Umgang mit Betäubungsmitteln.
Fazit
Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz dürfen Cannabis seit 2022 unter klar geregelten Bedingungen verschreiben.
Der Prozess erfordert eine sorgfältige medizinische Beurteilung, ein Spezialrezept, lückenlose Dokumentation und Abgabe über zugelassene Apotheken.
Für Patientinnen und Patienten bedeutet das:
- Kein direkter Zugang ohne Arztbesuch
- Klare Qualitäts- und Sicherheitsstandards
- Möglichkeit, bei medizinischer Notwendigkeit legal behandelt zu werden
Medizinisches Cannabis ist damit eine kontrollierte Therapieoption, nicht für alle geeignet, aber für manche eine sinnvolle Ergänzung unter ärztlicher Aufsicht.
Enmedify besteht aus einem Team von führenden ärzten mit jahrelanger Erfahrung in der Cannabis-Therapie. Unsere Ärzte sind spezialisiert auf eine Vielzahl von Indikationen und verfügen über umfassende Erfahrung in der Behandlung mit medizinischem Cannabis.

